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die Tataren von Tobolsk und Tomsk (etwa 40 000 Köpfe), die Tataren von Jeniffeist (22 000 Köpfe) und die weißen Kalmüken oder Teleuten des Gouvernements Tomst (4000 Köpfe), welche ursprünglich Kalmüfen waren, aber gegenwärtig ganz türkisiert worden sind. Unter dem Ausdrucke Barabinzen begreift man jene Stämme, welche die Steppe Baraba zwischen dem Irthsch und dem Ob bewohnen. Fernab, an den nördlichen und nordöstlichen Abhängen des Kaukasus hausen gleichfalls türkische Stämme, so die Karats chai die

Kumüten und die Basianischen Türken, legtere südöstlich vom Berge Elburs. Auf europäischem Boden finden wir die Nogaier, welche etwa 50 000 Köpfe start seit den Zeiten Peters d. Gr. zwischen dem Schwarzen und Kaspischen Meere am Kuban, an der Kuma und an der Wolga, sowie in der Krim wohnen, viele Ueberreste der jett untergegangenen Chazaren, Petschenegen und Kumanen enthalten, auch start mit Mongolen gemischt sind; ferner die Kasanschen Tataren, der Ueberreft des mächtigen Tatarenreiches Kyptschat an der Wolga; fie Leben in einer Anzahl von einer Million in den russischen Gouvernements Kasan, Orenburg, Samara, Stawropol und den umliegenden Gegenden. Endlich die Osmanli, die herrschende Raffe in der europäischen Türkei, welche jedoch auch teilweise in Kleinasien und Nordafrika sich verbreitet hat.

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Türkische Polizeisoldaten.

Unter allen Turkvölkern sind die Osmanli oder Osmanen zweifellos die in der Gefittung am höchsten gestiegenen, nicht jedoch aus eigener Kraft, sondern lediglich dank dem unwiderstehlichen Einflusse, welchen die mehrhundertjährigen nahen Berührungen mit den Europäern üben mußten. Und trotzdem ist bei Lichte besehen die Kultur der Osmanen noch niedrig genug. In Europa freilich ist der moderne Türke, wie wir den Osmanen gerne ausschließlich benennen, ein Wesen, welches kaum mehr in den Rahmen unserer Naturgeschichte des Menschen" paßt; in seinem asiatischen Stammlande Una tolien lernen wir ihn aber in seinen allgemeinen Charakterzügen noch ziemlich underfälscht kennen. Dort ist der Osmane Hirt, Landbebauer und Soldat, die Industrie ruht meist in den Händen der Europäer. Der Osmane schafft nicht, er zerstört vielmehr, und zwar aus Unterhaltung, bloß nur um zu zerstören, und dieser Trieb liegt im Blute des Türken, der nebenbei ebenso unwissend als abergläubisch und mitunter fanatisch ist Zwar erscheint der benachbarte Perser religiös fanatischer als jener, doch passen Spip

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findigkeiten in Gewissensfragen trefflich zu dem religiösen Charakter der Osmanen, dem überdies der Glanz, die Macht des Staates als eng mit der Religion verknüpft erscheint. Denn mit dem Islam beginnt und aus demselben entsteht die Geschichte des Osmanentums und die Größe desselben. Der Ruhm des Islam ist der Ruhm des Osmanen. Der Türke ist wortkarg, seine Rede ist gewichtig; er erachtet Dankbarkeit für eine heilige Pflicht, ist aber von Natur aus faul und kennt den Wert der Zeit und Arbeit platterdings nicht. Wegen Bagatellen unternimmt er Fußreisen von Hunderten von Kilometern oder er bepackt sein Saumtier mit den wertlosesten Gegenständen und marschiert zu Fuß daneben her. Sagt man ihm, daß seine Mühen mehr wert seien als der Kram, mit dem er sich beladet, so begreift er diese Rede nicht. Ich besize Geräte, ich nehme fie mit; der Plat fehlt auf dem Pferde; ich gehe zu Fuß": weiter fieht er nicht. Und nicht bloß der Saumtiertreiber oder der verachtete „Hamal“ (Lastträger) urteilt so; die Würdenträger des Staates, die Pascha, denken desgleichen und die Staatsgeschäfte werden durch Erwägungen derselben Art geleitet. Der Osmane ist für uns einfach unergründlich; am ehesten erklären wir ihn durch seine angeborne Faulheit. Ihr entstammt seine lang= same Sprache, sein schleppender Gang, seine gleichgültige und würdevolle Miene, ja jogar das Prinzip seiner Höflichkeit, welches darin gipfelt, dem nächsten jegliche Beschwerde zu ersparen. Der Gedanke, zweierlei zu gleicher Zeit zu verrichten, ist ihm unfaßbar und sein apathisches Naturell gelangt in den geringsten Details des Lebens zum Ausdrucke. Am auffallendsten ist die achtungswerte, pflichtgetreue und oft grübelnd besorgt aussehende Miene der älteren Männer und dagegen die unangenehm wirkende Frechheit und faule Schlenderei der Knaben und halb erwachsenen jungen Menschen. In Smyrna ziehen fie mitunter in langen Reihen, Arm in Arm, widrig singend und schreiend dahin, achtlos und ungestraft alle Welt anstoßend. In gesucht gepußtem Anzuge stolzierend" erzählt Prof. Sepp ihre apfelgrünen, gelben oder roten Kaftane waren meist neu und schön, mit Schachbrett- und Diamantmustern sahen sie, da kein Feiertag war, nicht sehr nach Arbeiten aus. Besondere Gecken unter ihnen hatten eine solche Sorgfalt auf ihren Anzug verwendet, daß es ihnen kein junges Mädchen darin hätte voraus thun können. Sie trugen Sträuße und Bänder an der Brust und Ringe in den Ohren. Der faule Abdallah, der also typisch ist. Diese Thatsache des arbeitenden Alters und der faulenzenden Jugend hat wohl ihren Grund in der übergroßen Zärtlichkeit und Schonung der Eltern gegen ihre Kinder. Ebenso wie Kranke und Verrückte ist die Jugend bei den Türken heilig. Leider eben zu lange. Die älteren Türken, da sie die gleiche Toleranz für ihre Sprößlinge von anderen verlangen, rühren dieselben niemals an." (Beil. zur Allg. Zeit. vom 1. Januar 1877.) Der Ausdruck der jungen Türkenknaben atmet dabei durchaus Intelligenz. Der osmanische Knabe ist wirklich ein kütschük adam d. H. ein kleiner Mann, frühreif und eher bösartig als schelmisch. Bei den Erwachsenen staunt man über die Gleichförmigkeit der Gesichtszüge oder besser: die Abwesenheit jeglicher persönlichen Charakterzüge; es giebt nur einen Typus; er heiße Achmed oder Selim, so ist doch nichts als der Name verändert. Fast scheint es, als ob diese Menschen einem andern Entwickelungsgesehe unterworfen wären, welches die jugendlichen Keime mit zunehmendem Alter erstickt, vertiert. Der Osmanli des Innern hat etwas vom wilden Tiere, deffen Instinkte er in verschiedenem Maße teilt. Kein Wunder, daß alle Last des Lebens, auch die mühevollste Feldarbeit, den Schultern der Weiber aufgebürdet wird. Diese sind nicht bloß im Harem eingesperrt und verschleiert, sondern auch unerwähnbar, denn von den Frauen spricht man überhaupt nicht, worin vielleicht ebensoviel Heilighaltung wie Verachtung liegt. Eine schwarze Roßhaarmaske und der landesübliche blauweiß karierte Mantel entziehen sie den Blicken der Neugier vollständig. Der Reisende Auguste Choisi sah eines Tages einen Osmanen, dessen Weib mit ihrem Säuglinge und einer Menge von Ge= schirren schwer bepackt neben ihrem auf einem Esel reitenden Gemahle einherging, und machte dem Manne Vorwürfe über sein inhumanes Betragen. Der Moslim begriff an= fangs unseren Franzosen gar nicht, endlich aber sagte er mit der größten Seelenruhe: Dies ist nur um den Esel nicht zu überladen.“ Dieses einzige Wort erschöpft die Ge= schichte des türkischen Weibes. Ein abgetragener und schmutziger schwarzer Rock macht oft die einzige Bekleidung der Weiber aus den ärmeren Volksklassen aus; dazu ein Schleier aus grobem, weichem Waschstoff, mehr gelb als weiß, oft nur mit lässiger Sorglosigkeit ge= halten, so daß die abgehärmten Gesichter, in welchen mitunter ein paar schöne, dunkle Augen funkeln, daraus hervorsehen. Es sind dies Weiber von Soldaten oder von den folossalen Hamal, die durch die Straßen schreiten. Der Hamal ist in groben, oft auch langhaarigen Kamelhaarstoff gekleidet, der in seiner gelbbraunen Farbe merkwürdig zu

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den gebräunten Waden und dem herkulischen Nacken stimmt. So sieht das knappe Kleid fast aus wie eine natürliche Behaarung und der ganze Mensch wie eine neue Art Lasttier. Und in der That ist er nichts anderes. Er trägt einen Sattel, ein auf gebogenen Holzleisten ruhendes Polster, um den Nacken gegen harte, scharfkantige Gegenstände zu schühen, und seine physische Kraft ist ungeheuer. Leibliche Bedürfnisse hat er, wie der Osmane überhaupt, wenige: eine Zwiebel, eine Pasteke, ein wenig Reis genügen ihm. Der Türke zieht seinen Kef", seine Ruhe der Aussicht auf Spoliation vor und giebt lieber ein „Backschisch", ein Geschenk, denn bei ihnen ist alles und jeder käuflich. Die Wohnungen verfügen nur selten über ein Gärtchen, denn die Zerstreuungen der Gärtnerei erfordern mehr Anstrengung, als die faule Raffe aufzuwenden geneigt ist. Man baut genau, waż man zum Leben braucht; tritt eine Mißernte ein, so sterben die Leute Hungers. Was ihre sonstigen Eigenschaften betrifft, so find es harmlose freundliche Menschen. Im übrigen find die Osmanen große Kinder, welche von Herzen lachen über eine Kleinigkeit, über ein Wort einer fremden Sprache, ja, den Reisenden wegen fehlerhafter Aussprache ihres eigenen Idioms schamlos ins Gesicht lachen; zugleich aber legen diese Wilden eine außer ordentliche Empfindsamkeit an den Tag. Die Idee einer Konversation ist dem Osmanen durchaus fremd. Nicht daß es ihm an Feinheit fehle; er besißt deren so viel und viel leicht mehr als der Europäer, seine Sprichwörter bekunden einen außerordentlich gefunden Sinn; aber was ihm komplett mangelt, das ist der Geist. Neben seiner Empfindsamleit zeichnet ihn jedoch ein merkwürdiger Gleichheitssinn aus; zwischen Pascha und Keradschi besteht in der That kein Unterschied der Bildung, noch des Wissens. Alle Welt kennt den Koran und die Schrift, aber auch nichts als die Schrift und den Koran. Deshalb fieht man auch oft einen Menschen aus der niedrigsten Stellung zu den höchsten Würden fich emporschwingen; nichts wird dabei geändert als das Kleid. Der Türke kennt daher auch kein Respektsgefühl und empfindet dieses nur vor physischer Kraft. Wenn er dem Franken solches bezeugt, so geschieht dies nicht wegen seiner geistigen Ueberlegenheit, son: dern bloß wegen der materiellen Machtmittel, worüber die Franken verfügen. Aus dem nämlichen Grunde spielt die Karbatsche eine so große Rolle im Reiche des Sultans; die Polizei wird mit Hieben gehandhabt; überall die Karbatsche, dies das Korrektiv des Gleichheitsfinnes in der Türkei. Die türkische Regierungsweise läßt sich in wenige Worte zusammenfassen: absolute Erlaubnis für jedermann, alles zu thun bis zu jenem Momente des Mißbrauches, welchem die Karbatsche Halt gebietet. Nirgends giebt es mehr Freiheit als unter den absolutistischen Regierungen des Orients, aber Achtung auf den Mißbranch und die Karbatsche.

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Der Osmane giebt seinem Schmerz öffentlich keinen Ausdruck. Der Glaube an das Geschick Kismet" und der Fatalismus machen ihn denselben übrigens gelassen tragen. „Es stand geschrieben," ist die allgemeine Panacee für Seelenschmerzen, die Gewißheit baldigen Wiederfindens der Balsam auf die Wunden der Trennung. Die Bestattung der Toten ist bei groß und klein, bei reich und arm wenig umständlich. Sobald der Tod eintritt, wird die Leiche gewaschen; nachdem hierauf die Ohren, der Mund, die Nasenlöcher mit Baumwolle verstopft worden sind, wird der Tote, in Linnen gehüllt, in einen offenen Sarg gelegt, ein Shawl dient diesem als Deckel. Ohne weiteren Äufenthalt und nach kurzen Gebeten, die jeder Moslim sprechen kann, wird er zum Bestattungsort ge tragen. In den Städten übernehmen die ersten besten Vorübergehenden abwechselnd die Stelle der Träger. Das Gesicht gegen Osten gewendet, wird er sodann ohne andere Zeremonie beerdigt. Von dem Trauerpomp, mit welchem die christliche Kirche die Phantaste der Hinterbliebenen umdüstert, weiß der Muselman nichts. Der Friedhof, den er mit Blumen bepflanzt, ist ihm ein Erholungsort, keine Stätte des Schreckens, der Furcht.

Der Türke besit Feinheit nach seiner Art, eine eigentümliche und oft sehr aus gezeichnete Delikatesse; er ist offenherzig, loyal, religiös, gastfrei, sogar außerordentlich mild, wenn er nicht gerade Köpfe abschneidet. Alles bei ihm geschieht aber rand- und ruckweise; er hat Anfälle von Heiterkeit, Wildheit oder Arbeitsamkeit; dies sind aber vorübergehende Krisen: der Grund seines Charakters ist gleichförmig, bewegungslos, düster. Eine genauere Prüfung des osmanischen Charakters zeigt, daß sogar dessen Lichtseiten eigentlich auf Fehlern beruhen; so z. B. seine Großmut auf Unvorsichtigkeit; auch muß man zu geben, daß seine Ergebenheit stark übertrieben wird, da man ihm meist seine Großmut mit bewaffneter Hand abnötigt. Der Fremde, welcher, vom „Zaptié“ (Polizeisoldaten) begleitet, in die Hütte des Osmanen tritt, hält nur zu leicht den freundlichen Empfang für Gefühleausfluß, während dieser nur gute Miene zum bösen Spiele macht. Der Türke ist wohl gutmütig und macht leicht fromme Stiftungen; er stiftet aber nur und erhält nicht. Zu

Die Völker des Kaukasus.

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623 seinem Seelenheile und zum Besten der Pilger legt er z. B. eine Straße an, aber es fällt ihm nicht und auch sonst niemand ein, sie weiter zu erhalten, und wenn nach einiger Zeit die Pilger wieder im Kote der zu Grunde gegangenen Chauffee patschen müssen, so werden sie doch ein Gebet für die Ruhe des großmütigen Straßenbauers sprechen. Der Türke erhält aber nichts, weder eine Straße, noch eine Moschee, noch sein Haus, noch seine Kleider, nichts mit einem Worte. Er ist ein durchaus indifferentes Wesen, das von einem Tage zum anderen in völliger Sorglosigkeit vegetiert, sich durch feine Nachlässigkeit alle erdenklichen Nebel zuzieht und dann beim Einbruche des selbst= verschuldeten Unglücks ausruft: Gott hat es gewollt, so stand es geschrieben!" Diese merkwürdige Natur des Orientalen ist indes reich an Kontrasten; troh seiner Apathie reagiert sie aufs heftigste gegen Beschwerden und Schmerz. Aber auch diese Energie ist durchaus passiv und vereint sich ganz gut mit seiner sonstigen Apathie. Der Türke ist stark im Dulden, jede Kraft zur Initiative geht ihm aber ab. Ueberlegen ist er uns darin, daß er weniger unerfättlich und offener ist; auch übersteigt sein Mitgefühl für den Reisenden alle unsere Begriffe von Barmherzigkeit; die Idee der Wohlthätigkeit ist ihm sozu= fagen angeboren. Alle Eigenschaften aber, welche den Osmanen auszeichnen, schwinden, gleichwie seine Individualität, bei der Berührung mit der Kultur des Westens; mit seinen Vorurteilen legt er auch unabänderlich seine Prinzipien ab. In den Gegenden, wo er dem Einflusse der Europäer ausgesezt ist, muß man nicht mehr die Menschen, bloß noch die Ruinen studieren. Der Osmane wandert nicht aus; seine Raffe erlischt aber in ihrem eigenen Stammlande, gleichwie jene geolischen Spezies vergangener Zeiten, nachdem die ihnen zugemessene Frist ihrer Existenzberechtigung abgelaufen war. Die Thatsache steht fest und springt in die Augen jedes Beobachters: der osmanische Stamm verschwindet geräuschlos von der Erde.

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Die Völker des Kaukasus.

Die Völker des Kaukasus erfordern ein Studium für sich. Der Europäer ist gewohnt, alles, was Kaukasier heißt, sich als ein schönes, ritterliches Volk vorzustellen, dessen Männer von glühendem Haß gegen die russischen Eindringlinge erfüllt, sich nur mit Widerstreben hätten unter das Joch beugen lassen, während die Frauen, Ideale an Schönheit, sich nur, um der verhaßten Fremdherrschaft zu entgehen, in die Hareme der Türken schleppen ließen. Es ist gewiß undankbar, eine so poetische Anschauung zu zerstören, allein man muß, wenn man der Wahrheit treu sein will, gestehen, daß dieses Ideal nie existiert hat und noch weniger jetzt besteht. Ebenso verdient der vielgebrauchte Ausdruck kaukasische Rasse" eine nähere Beleuchtung. Wenn wir mit diesem Aus= drucke überhaupt nur das Ideal menschlicher Schönheit unseren Begriffen gemäß bezeichnen wollen, so bleibt es wahr, daß dieses Ideal speziell in der Uferregion des Südostwinkels des Schwarzen Meeres wohnt. Wenn wir aber von Rasse im eigentlichen Sinne des Wortes sprechen wollen, d. H. von der unabänderlichen Wiederholung einer bestimmten Form der typischen Urart durch Jahrhunderte und Jahrtausende hindurch, so müssen wir in Hinsicht auf sehr bedeutende Variationen jener Völker den Ausdruck unhaltbar finden. Zunächst drängen sich jedem Beobachter, welcher sich die kolchischen Völker ansieht, von vornherein zwei Grundtypen auf: der eine Typus blond haarig, blauäugig, hochstirnig, der andere tief schwarzhaarig und schwarzäugig, dabei aber schön weißhäutig und

nicht selten mit gedrückter Kopfform und niedriger Stirn. Die Ostküste des Schwarzen Meeres war stets der Schauplatz bösartiger Invasionen oder fie wurde doch in den Zeiten der Ruhe von fremden Völkern eifrig besucht. Noch in jüngster Zeit, als das abchasische Tiefland nicht so innig mit Rußland vereinigt war, wie es jetzt der Fall ist, kam es vor, daß aus der Türkei flüchtig ge= wordene Araber, ja sogar Neger, die dort entsprungen waren, sich hier niederließen und mit den Weibern Abchasiens und Samursakans die schönsten Mulatten zu Nachkommen hatten. Wenn man aber bedenkt, wie viele Völker seit den ältesten Zeiten durch die Kaukasusländer gezogen sind und wie sehr sie die Schicksale der Stamminsassen dort beeinflußten, so giebt man die Idee einer ursprünglichen, sich typisch erhaltenden Rafse auf. Man darf dagegen mit vollem Rechte behaupten, daß gerade jene Verhältnisse es waren, welche mit der steten Bluterneuerung die körperliche Schönheit als eine Folge unendlicher Kreuzung erzielten. Da, wo wie z. B. in Oesterreich das bunteste Gemisch verschiedener Völkerschaften lebt, giebt es die schönsten Menschen. Die Nachkommen von Mongolen und Ruffen an der sibirischen Grenzej waren stets schöner fals die reinblütigen Kinder beider Raffen,

Wie man sieht, ist es demnach völlig falsch, Tscherkessen, Girkasfier, Georgier, Kaukafier und ähnliches in einen Topf zu werfen; einige dieser Begriffe existieren in Wirklichkeit überhaupt nicht, und wenn man von den anderen in Europa etwas gehört hat, so hat man meist etwas Falsches gehört. Sodann zerfallen im Kaukasus die Bewohner der Ebene mindestens in vier völlig von: einander zu scheidende Gruppen, und die Zahl der verschiedenen Stämme der Bergbewohner ist Legion. Eine ethnographische Beschreibung des Kaukasus hat sich also auf eine Schilderung der einzelnen Typen zu beschränken, denn einen gemeinsamen Charakter giebt es nicht. Diejenige Einteilung, welche auf der natürlichsten Grundlage ruht, ist die Scheidung der Kaukafier in Bergvölker und Völker der Ebene; als drittes Element treten die Eroberer des Landes, die Russen, mit den durch sie herbeigezogenen Kolonisten und den Fremden hinzu. Friedrich Müller, der sich lediglich von dem Gesichtspunkte der ethnischen Zusammengehörigkeit leiten läßt, teilt den kaukasischen Stamm in eine nördliche und eine südliche Abteilung, scheidet aber daraus mehrere Völker, wie die Tataren und Offeten, aus, weil sie ethnologisch Glieder anderer Völkerfippen sind, während wir sie auf ihrem heimatlichen Boden betrachten wollen. Müller umfaßt demnach unter dem Namen Kaukasier jene Völker, welche südlich vom Kuban und Terek wohnen und in betreff ihrer physischen Komplexion sich von den im Norden wohnenden Stämmen scharf unterscheiden, sich dagegen an die füdlich davon wohnenden Glieder der mittelländischen Raffe, namentlich die Armenier und Semiten, anschließen. Sprachlich jedoch hängen sie mit den letteren nicht zu= sammen, sondern bilden einen eigenen Stamm. Es ist bis jezt niemand gelungen, einen Zusammenhang dieser Völker weder mit den Indogermanen noch mit den Semiten wissenschaftlich nachzuweisen. Auch an eine Verbindung der selben mit irgend einem Volke der mongolischen Rasse kann, abgesehen von dem ganz verschiedenen körperlichen Typus, deswegen nicht gedacht werden, weil sowohl

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