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Leben gebraucht: seiner Flinte und Pulverhorn, Beil und Meffer, Pfeife und Tabak, ja sogar einer Flasche Branntwein womöglich und seinen besten Kleidungsstücken, und jo versehen in eine nicht tiefe Gruft gesenkt und ein Erdhügel darüber aufgeworfen. Auf den Grabhügel werden die zerbrochene Narte (Schlitten) des Verstorbenen und das Reffelchen, aus welchem er gegessen, aber erst nachdem man es sorgfältig durchlöchert, ge= legt. Zu guter Lezt werden die Lieblingsrentiere heran getrieben und am Grabe ers droffelt, ihr Fleisch zur Leichenfeier aufgegessen, die Hörner aber auf den Hügel gesteckt. Zum Abschiede vom Grabe schimpfen, so viel wie ihrer versammelt sind, allesamt den Tod aufs schändlichste dafür, daß er ihnen den Vater, Bruder, Onkel oder Freund entrissen und kehren darauf in die Hütte zurück. Wenn die Frau den Mann überlebt, so muß fie ein Jahr lang den Verstorbenen betrauern, aber auf eine ganz besondere Weise. Ez wird eine große Puppe angefertigt, der die gewöhnlichen Kleider des verstorbenen Mannes angelegt werden, und mit dieser Puppe muß die Frau im Laufe eines Jahres alles durchmachen, woran er zu Lebzeiten gewöhnt war: wird gegessen, so wird der Puppe auch eine Holzschüssel mit Speise vorgeseht, geht man schlafen, so muß die Frau die Puppe auskleiden und neben sich ins Bett legen. Wenn die Frau ihren verstorbenen Mann im Traume sieht, so muß sogleich am andern Tag ein Ren geopfert werden, um seinen Geist zu beruhigen.

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Aus den übrigen Sitten der Samojeden heben wir bloß jene hervor, welche auf das Leben dieser sibirischen Wandervölker ein besonderes Streiflicht werfen, denn in den allgemeinen Zügen find nur wenige Abweichungen unter ihnen zu bemerken. Das Hin- und Herziehen mit der ganzen Familie und Angehörigen mit ihren Zelten und Herden, mit Hab und Gut wird „Kaslad“ genannt und die sich dabei bildende Karawane „Anaß“; je sechs Narten mit je zwei Rentieren bespannt, hintereinander angebunden, unter der Leitung eines Menschen heißt man „Ankisch“ und die Lagerstätte, wo die Zelte stehen, während die Rentiere in der Umgegend weiden, wird Tschugor“ oder „Meady" genannt. Jufolge des Hin- und Herziehen der Anaffe, oft in derselben Richtung, denselben Kenn zeichen nach, bilden sich auf der Tundra Spurwege, „Anaßnieda“ genannt. Die Lagerstätten und Wegrichtungen zu erkennen, ja sogar fie unter dem Schnee herauszusuchen, ist eine ganz besondere Fähigkeit der Samojeden. Wenn z. B. ein Samojede glaubt, daß er an der gewesenen Lagerstätte eines andern Samojeden angelangt sei, so fängt er an den Schnee fortzugraben und nach den verschiedenen Schneeschichten zu bestimmen, ob es schon lange her ist, daß der andere die Stelle verlassen hat. Liegt der Rentiermist in den oberen Schichten, so ist er vor kurzem dagewesen, wenn tiefer, so ist längere Zeit schon verflossen, seit er abgezogen. Wenn der Vorgänger_kein_Kennzeichen zurückgelassen hat, in welcher Richtung er fortgezogen ist, so suchen sie die Spuren auch unter dem Schnee auf dieselbe Weise hervor. Aber meistens lassen sie auf ihrem Tschugor ein Kennzeichen zurück, indem sie einige Stöcke in den Schnee stecken und zwar in der Richtung geneigt, wohin sie ihren Weg genommen haben und mit auf den Stöcken eingekerbten Zeichen, „Piddine" genannt, desjenigen Samojeden, dessen Tschugor dort gestanden hatte. Diese Mertzeichen sind verschiedener Art, z. B.:

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u. f. w., aber doch kennt größtenteils jeder Samojedenwirt die Zeichen der andern. Mit denselben Zeichen sind die Rentiere jedes einzelnen Besizers am rechten Vorderschenkel. oft aber auch an beiden, gebrandmalt, so daß, wenn ein Ren sich verlaufen hat und auf die Herde eines andern stößt, sie sogleich mit mehr oder weniger Sicherheit bestimmen können, wem es angehört. Noch giebt es ein besonderes, von allen gleich gebräuchliches Brandmal das den Rentieren angelegt wird, die zu Sühnopfern voraus bestimmt sind, das ist das Teufelszeichen.

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Wenn gleich das Weib dem Manne gegenüber eine ganz untergeordnete Rolle spielt, die Frau ist die Sklavin des Mannes, die Töchter dem Vater und den Brüdern gegenüber Dinge, die verkauft werden können, - so ist doch beim Herumstreifen die Narte der Hausmutter ein Gegenstand ganz besonderer Sorgfalt; mit der Narte seiner Frau, möchte man sagen, kokettiert der Samojede. Die Narte der Hausfrau ist breiter und höher gebaut, damit die Mutter mit den kleinen Kindern darin bequemer fizen kann. An alle anderen Narten werden je zwei Rentiere gespannt, an die Narte der Hausmutter aber vier, größtenteils rein weiße oder hübsch scheckige. Das Rentier geschirr wird für sie ganz besonders angefertigt, der Bauchgurt aus verschiedenfarbigem

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Tuch zusammengenäht, der Zaum mit rotem Tuch umwickelt und bunten Bändern geschmückt; an den Schlitten selbst werden mehrere Glöckchen verschiedener Größe gehängt, die Schlittenfelldecke wird mit verschiedenfarbigem Tuch eingekantet und umnäht, außer dem grelle Tuchstreifen überall angebracht. Im Zuge fährt der Ankisch der Hausmutter vorne an, auf ihre Narte ist der Hausfetisch, den ein in Holz geschnitter, fliegender Vogel, an einem langen Stabe hängend, vorstellt, befestigt. Auf den Antisch der Mutter folgen die Nartenzüge der erwachsenen Töchter, auch möglichst auffallend ausgestattet. Kinder von 7-8 Jahren haben schon ihre eigenen kleinen Narten, auch mit je zwei be besonders frommen Rentieren bespannt, die zu lenken und zu bestellen sie sich schon von frühem Alter an gewöhnen müssen. Die neue Lagerstätte, wo der Meady aufgestellt werden muß, wählt entweder der Hauswirt selbst aus oder ein erfahrener Rentierhirt, die dazu nach verschiedenen Richtungen hin vorausfahren. An der neuen Lagerstätte angelangt, hört sogleich die primierende Rolle der Frauen auf: sie gehen rasch an die Arbeit, stellen die Zelte auf, müffen Holz hacken, machen Feuer an, tragen Waffer, oder wenn solches nicht an dem Orte zu haben ist, so wird Schnee in Kesseln über dem Feuer aufgetaut. Die Männer erdrosseln sogleich ein Rentier, essen vom rohen Fleische die besten Stücke und werfen was übrig bleibt und die magersten Stücke den Frauen ins Zelt, die dort, so gut es geht, sich daran satt effen mögen. Nachdem die Männer sich satt gegessen, legen fie fich sogleich schlafen, die Weiber aber müssen ihre Fußbekleidung trocknen, alles ausflicken und ausklopfen, alles im Zelte in Ordnung bringen und dann erst dürfen sie fich auch hinlegen.

Die Mädchen sind, wie bereits erwähnt, im Besitz des Vaters oder der Brüder willenlose Dinge, eine Arbeitskraft, die, wenn sie erwachsen sind, verkauft werden können. Der heiratslustige Mann schickt seinen Vater oder sonst einen näheren nicht mehr jungen Verwandten als Brautbewerber aus. Dieser kommt in die Hütte, wo Töchter zu haben find, macht seinen Antrag und verabredet sich über den Preis, die Abgabe, „Kalan“ (das tatarische „Kalym“), der dem Vater oder den Brüdern für die Braut zu zahlen ist. Die Bedingungen werden auf einem langen Stock mit Zeichen eingekerbt und der Stock als Beleg in zwei Hälften gespaltet, von welchen die eine Hälfte beim Vater oder Bruder bleibt, die andere dem Brautbewerber übergeben wird. Bei Streitigkeiten müssen diese Stücke vorgewiesen werden, und wenn sie ganz genau zu einander passen, so ist die Grundlage der Abmachung unwiderruflich bestätigt. Während der Abmachung werden natürlich von beiden Seiten Rentiere geschlachtet und gegenseitig trattiert man sich, indem die besten Stücke einerseits dem Werber, andererseits dem Brautbesizer vorgesezt werden. Das Mädchen selbst kommt dabei gar nicht in Betracht und wird gar nicht gefragt. Darauf kann der Bräutigam seine Braut besuchen und sehen, hält sich aber von ihr fern und bekommt sie nicht eher, als bis er den Kalan, der je nach der Abmachung in Rentieren und mehr oder weniger wertvollen Tierfellen, wohl auch anderen Gegenständen bestehen kann, abgezahlt hat. Sobald dies geschehen ist, wird von seiten der Eltern der Braut ihre Aussteuer, die dem empfangenen Kalan entsprechen muß, auf Narten gepackt, die Braut selbst auf eine besonders feierlich ausgestattete Narte gelegt und mit einer Felddecke ganz bedeckt und so ins Zelt des Bräutigams gebracht, wo sie eine Woche lang hinter einem Vorhang versteckt wird, um sich, wie die Samojeden sagen, an den neuen Ort zu gewöhnen; nach dem erst führt der Bräutigam sie ins Ehebette. Wenn die Braut bis zum Ehestande ihre Keuschheit bewahrt hat, so bekommt die Mutter nach der ersten Vereinigung noch ein besonders wertvolles Geschenk, in schönen Rentieren oder in Tiersellen bestehend. Hierauf wird ein besonderes Gewicht gelegt, weil nach den Begriffen der Samojeden es den Mädchen nicht zur Schande gereicht und sie nicht dafür bestraft werden, wenn sie vor der Heirat gegen die Keuschheit fündigen, denn der Samojede hält das Weib als einzig und allein dazu bestimmt; dagegen aber wird der Verführer streng verfolgt und muß sein Verbrechen den Eltern gegenüber durch mehr oder weniger erhöhte Abzahlung von Rentieren abbüßen. Ganz anders verhält es sich mit der verheirateten Frau. Wenn diese sich des Ehebruchs schuldig erweist, so wird sie vom Manne schrecklich bestraft und er hat das Recht, in diesem Falle von ihren Eltern den bezahlten Kalan zurückzufordern. Deshalb ist dieses Verbrechen eine seltene Erscheinung, höchstens nur bei kinderlosen Ehen oder wenn die Frau erkauft ist für einen Knaben. Es kommt nämlich vor, daß Eltern, um mehr Arbeitskräfte ins Haus zu bringen, für ihren siebenbis achtjährigen Sohn eine ganz erwachsene Braut erkaufen. Die Folgen verstehen sich von selbst. Sobald aber der Knabe Mann wird, vertreibt er seine alte Frau oder läßt fie einfach beiseite und holt sich eine andere. Nur der Vater darf seine eigene Tochter

und der Bruder seine leibliche Schwester nicht heiraten, sonst existieren in dieser Hinsicht gar keine Einschränkungen. Wohl ereignet es sich, daß wenn ein junges Mädchen an einen alten Mann verkauft ist, dasselbe sich das Leben nimmt und zwar durch Erdroffelung, da nach den Begriffen der Samojeden der Selbstmord gerade durch Erdrosselung nicht nur kein Verbrechen, sondern dem Gotte gefällig ist, der darin ein frei williges Opfer erblickt, das belohnt zu werden verdient. Das Mädchen, indem es sich auf diese Weise das Leben nimmt, hofft in jener Welt einen Bräutigam zu bekommen, der ihr lieb wäre. So unter anderem hat es Fälle gegeben, daß ein Vater, zur Ueberzeugung gelangt, daß seine Frau ein nicht von ihm erzeugtes Kind zur Welt gebracht hat, dasselbe erdrosselt und den Hunden zum Fraß vorwirft.

Um die Entbindung der Frauen zu erleichtern, nehmen die Eltern ihre Zuflucht zu einem äußerst originellen sympathetischen und doch wieder auf einem moralischen Grund beruhenden Mittel. Zur schweren Stunde muß die Leidende einer alten Frau beichten, ob sie sowohl vor der Heirat gegen die Keuschheit gesündigt oder auch später dem Manne untreu gewesen ist und zwar die Anzahl der Fälle herzählen. So viel mal als dies stattgefunden, soviel Knoten bindet die Alte, geheimnisvoll etwas dazu murmelnd, an eine dünne Schnur. Einer ähnlichen Beichte muß sich der Ehemann zur gleichen Zeit einem alten Manne gegenüber unterwerfen, der ebenfalls Knoten bindet und noch besonders den Ehemann befragen muß, ob er nicht vielleicht seine Gelüste an Hündinnen und Rentierkühen befriedigt hat, worüber auch Knoten gebunden werden, wenn es der Fall gewesen. Hiernach wird die Anzahl der Vergehen der Ehegatten verglichen, die Differenz von der größeren Knotenzahl abgeschnitten und das Stückchen Knotenschnur der in der Entbindung befindlichen auf den Unterleib gelegt. Wenn beide Teile nichts verfehlt haben, so muß bei Anwendung dieses Mittels die Entbindung leicht von statten gehen, wenn aber troßdem nicht, so hat wahrscheinlich eine der Ehehälften etwas verheimlicht, also fehlen ein oder auch wohl mehrere Knoten, die entbunden werden müßten. Die Leiden sind die Sühne für die Sünde, die der Schuldige nicht gebeichtet hat, nur das aufrichtige Eingeständnis, die Reue gleichsam, kann die Strafe, die Leiden erleichtern. (Bernhard von Struve im Ausland. 1880, . 743-744, 775—777.)

Zu den Samojeden gehören ihrer Abstammung nach folgende Stämme: Die Sojoten, zwischen dem sajanischen Gebirge und dem Altai und Changai und den Flüssen Tas und Baschkus. Sie stehen gegenwärtig unter chinesischer ÜberHoheit und werden von den Chinesen Ul-yang-Hai genannt; die Matoren am Flusse Tuba, östlich vom Jenissei und nördlich von den sajanischen Bergen; die Koibalen, auf beiden Seiten des oberen Jenissei; die Karagasen, in den sajanischen Bergen an der Uda, und die Kamassingen um Abakansk und Kansk. Gegenwärtig haben alle diese Stämme ihre Sprache und ihre Sitten aufgegeben und find größtenteils tatarisiert, zu einzelnen Teilen auch burjätifiert worden.

Vielfach vermischt leben die Samojeden mit dem Nachbarvolke der Cit jaken, die intellektuell auf der denkbar niedrigsten Stufe stehen. Diese Ostjaken, welche in der Stärke von etwa 25 000 Köpfen im Gouvernement Tobolsk und teilweise im Gouvernement Tomst sich aufhalten, unterscheiden sich weder in Sitten noch in religiöser Hinsicht, noch auch in den Lebensgewohnheiten und Familieneinrichtungen von den Samojeden, weshalb wir bei ihnen nicht länger verweilen. Doch gehören sie einem anderen Zweige der Uralier an als die Samojeden, nämlich der Ugrischen Familie, zu welcher auch die bloß 7000 Köpfe starken Wogulen zählen, die im nördlichen Ural an der Konda bis hinauf zur Soswa als Jäger herumziehen. Der Wogule unterscheidet sich weder durch Körper noch durch Geist von dem Ostjaken, und auch die Lebensweise beider ift die gleiche. (Albin Kohn. Sibirien und das Amurgebiet. Leipzig 1876. 8°. S. 28.)

Die mongolischen Völker.

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Die mongolischen Völker.

Unter dieser Bezeichnung fassen wir die zweite große Gruppe der Altaier zusammen, jene Völker, welche heute noch in dem nach ihnen Mongolei genannten weiten asiatischen Binnenlande und dessen unmittelbaren Nachbargebieten ansässig sind. Man unterscheidet darunter drei Familien: die Burjäten oder Buräten, im südlichen Teile des sibirischen Gouvernements Jrkukk und in jenem Lande, welches um den Baikalsee herum liegt, von der chinesischen Grenze bis zum Flußgebiete der Lena und vom Onon bis zur Oka. Die Ost mon= golen, gemeiniglich Mongolen schlechtweg genannt, bewohnen die Mongolei, jenes Land, welches von Sibirien im Norden bis China im Süden, von der Mandschurei im Osten bis zur Hohen Tatarei oder Oftturkestan im Westen sich erstreckt. Dies ist das eigentliche Stammland der Mongolen, wo der Grundstock dieses Volkes sich noch immer befindet und von wo die andern Zweige ausgezogen find. Sie zerfallen in zwei Abteilungen, nämlich die Kalka oder Chalch a mongolen im Norden der Wüste Gobi und die Scharaoder Scharaigolmongolen im Süden bis gegen Tibet. Die dritte Familie ist jene der Westmongolen oder Kalmüken. Ihr Urfit ist die Dfungarei. Durch Zwiftigkeiten im Innern sowie durch die Bewegungen, welche infolge der Eroberungszüge Tschingis-Chans eintraten, wanderten einzelne Stämme der= selben im fiebzehnten Jahrhundert gegen Westen, wo sie in verschiedenen Gegenden sich niederließen. Ein ansehnlicher Wanderungsstrom bewegte sich gegen den Altai, von da gegen die Kirgisensteppe und weiter gegen das Quellengebiet des Tobol, endlich an den Muchadscharischen Bergen vorüber nach dem Uralfluffe und der Mündung der Wolga. Nachdem sie sich dort niedergelassen, fehrte plöglich ein großer Teil im Jahre 1771 unter unsäglichen Gefahren wieder nach China zurück. Der zurückgebliebene Teil steht gegenwärtig unter russischer Herrschaft. In der Steppe zwischen Wolga und Ural, um Astra= chan und Stawropol bis gegen Saratow im europäischen Rußland nomadisieren nun friedlich diese Kalmüken, die seither oft mit den Mitgliedern der Herrnhutergemeinde Sarepta in Berührung kommen. Die am Altai angesiedelten Kalmüken find auch unter dem Namen der schwarzen Kalmüken bekannt, zum Unterschiede von den Teleuten oder weißen Kalmüken, welche im Gouvernement Tomsk leben und türkisiert worden sind. Einige Mongolen= stämme, die sogenannten Aimak und Hazarah, wohnen im nordöstlichen Eran, von wo sie auch in das nordwestliche Indien hinüberziehen; sie sprechen einen mongolischen Dialekt, der nicht unbedeutend durch das Persische beeinflußt worden ist.

Die Mongolen, obwohl kriegerisch und brutal, sind dennoch im ganzen ein träges, phlegmatisches Nomadenvolk, und stehen dem Jägervolke der Tungusen an Energie und Raschheit nach. Diese Eigenschaften, sowie namentlich der

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Umstand, daß sie durchgehends orthodore Buddhisten (Lamaisten) find, eifrige Anhänger einer Lehre, welche Frieden und Versöhnung predigt, macht dieses furchtbare Eroberervolk gegenwärtig den umgebenden Völkern wenig gefährlich. Sie sind unter allen Völkern Hochasiens unstreitig das mächtigste und tüchtigste, fie könnten leicht, wenn ein neuer Temudschin unter ihnen erstünde, sich zu Herren von China und vielleicht von ganz Asien machen. Daß fie die Kraft haben, unermeßliche Dinge zu verrichten, wenn sie von einem talentvollen Manne aus ihrer Mitte begeistert und geführt werden, dies beweisen ihre Züge unter Temudschin (Tschingis - Chan), Temir (bei uns gewöhnlich Timurlang oder Tamerlan genannt) und Baber, dem Stifter des indischen Mogulreiches. Die Mongolen haben das größte Reich gegründet, welches je die Erde gesehen, fie haben ganz Afien erobert und sich zu Herren von einem großen Teile Europak gemacht; aber auch kein Reich war von so geringer Dauer, wie das mongolische. (Fried. Müller. Allgem. Ethnogr. G. 386-387.)

Die Burjäten, mit denen wir uns zunächst befaffen wollen, stehen jezt mit Ausnahme eines „Aïmak“ (Weidebezirkes) auf chinesischem Boden alle unter ruffischer Herrschaft, aber unter selbstgewählten, jedoch vom russischen Gouverneur durch Ueberreichung eines Dolches bestätigten „Taidschi“ oder Fürsten und „Schulenga“ oder Aeltesten. Die Burjäten unterwarfen sich ohne großen Widerstand 1644 den Kosaken. Bis dahin waren sie alle ohne Ausnahme dem Schamanismus ergeben; erst gegen Ende des siebzehnten Jahrhunderts nahmen die jenseits des Baikal den Buddhismus an, während andere zur griechischen Kirche übertraten. In Wahrheit aber besteht die Religion der Burjäten in einer Mischung von Schamanentum und Buddhismus, selbst die der orthodoren Kirche Angehörigen huldigen bald offen, bald insgeheim dem einen oder dem andern dieser Bekenntnisse. Im allgemeinen sind die östlich, westlich und nördlich von Jrkust hausenden Burjäten Schamaiten, die transbaikalischen Lamaiten.

Der Kult der schamaitischen Burjäten ist sehr einfach, der Schamane Prophet, Priester, Dichter, Lehrer, Arzt und Richter in einer Person. Die Burjäten find ungemein abergläubisch und glauben außer an ihren Gott noch an andere mächtige Wesen, „La debijo" oder „Chattyja“ (d. h. Wirte). Mit dem Uebertritte zum Buddhismus haben fich übrigens ihre Sitten und Charakter sehr verändert; zuerst wild und graujam, wurden sie gefügsam und sanft, aber auch vorherrschend phlegmatisch. Eine gewiffe Arbeitsscheu scheint ihnen angeboren und oft treibt sie erst der Hunger zum Erwerb. Sie sind verschlossen, mürrisch, maulfaul, wenig dienstfertig, aber gastfreundlich, nüchtern und einfach in ihrer Lebensweise. Durch die Russen sind sie aber mit dem Tabak und geistigen Getränken bekannt geworden, denen sie leidenschaftlich ergeben find. Nebrigens sind sie friedliebend. Totschlag ist sehr ungewöhnlich, Plünderung und Raub kommen gar nicht vor, wohl aber neigen sie zum Diebstahle. Der Burjäte gehört zu den feigsten Stämmen und zeigt nur dort rohen Mut, wo er durch Uebermacht erdrücken kann Abstrakte Begriffe fehlen ihm gänzlich. Erst seit kurzem beschäftigen sich einige mit pris mitivem Ackerbau, mit bereits günstigem Erfolge. Žu Handwerken und für Musik hat der Burjäte große Neigung und wird meist geschickter als sein Lehrer. Der zivilisierteste Stamm, die Khorim-Burjäten oder Choringen, die zugleich als sehr wohlhabend gelten, kann meist lesen und schreiben. Die weniger zivilisierten leben im Sommer in Jurten, im Winter in Filzzelten und betreiben Viehzucht und Jagd, doch sind fie schlechte Viehzüchter, treffliche Reiter, jagen aber selten und meist nur im Winter. In der Jurte sind Männer und Frauen um die in der Mitte befindliche Grube, den Herd. versammelt, über dem ein ungeheurer, selten oder nie gereinigter Kessel hängt, worin des

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