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hervorquillt, schleift sie an den Haaren in das nächste Gebüsch und wartet bis ihr die Befinnung wiederkehrt. Erwacht sie aus ihrer Ohnmacht, so muß sie ihrem Räuber folgen, der die Beute bei seiner Horde in Sicherheit bringt. Ist dies geschehen, so erfolgt eine Scene so haarsträubend, daß sie sich der Schilderung entzieht. Die Verwandten des Mädchens rächen einen solchen Eingriff in ihre Rechte nicht; fie entschädigen sich nur bei nächster Gelegenheit durch eine ähnliche That. Dies Verfahren ist so alltäglich, daß nach Collins Angabe die Kinder es sogar im Spiel und zur Nebung nachahmen. An vielen Orten Australiens ist der Frauenraub bloß noch Ceremonie; immerhin würden selbst unter dieser Voraussetzung die australischen Hochzeitsgebräuche europäischen Damen nicht angenehm sein. Der Bräutigam überfällt bei Nacht die Gunjah, in welcher die Geliebte schläft, walkt fie und ihre Eltern mit Knüttelschlägen herzhaft durch und schleppt die ohnmächtige Braut hinweg. Sobald sie sich wieder erholt hat, ist sie des Mannes Frau und ihm sehr ergeben und zugethan. Der Mann hat seinerseits manchen Strauß zu bestehen; denn er muß sein Eigentumsrecht an die Frau gegen alle weiberlosen jungen Wilden der Horde mit den Waffen verteidigen, und dabei geht es nicht selten wild und hart genug her. (Globus, Bd. III, S. 272.) Die Frau hat sich aber noch einer schmerzhaften Operation zu unterwerfen; es werden ihr nämlich von einem alten Weibe zwei Glieder des kleinen Fingers der linken Hand abgebissen, worauf sie der Aufnahme unter die verheirateten Frauen würdig erkannt wird.

Ist die Behandlung des Mädchens innerhalb der Familie gegenüber dem Knaben keine freundliche, so wird sie in der Ehe vollends grausam. Von diesem Augenblicke an beginnt für das Weib ein knechtisches, vom Manne tyrannisirtes Leben. Die schwierigsten und unsaubersten Arbeiten werden ihr aufgebürdet, bei dem geringsten Verstoße wird sie von ihrem Peiniger mit der äußersten Roheit behandelt, geschlagen, und bei dem leisesten Anlaß zum Aerger geraten ihre Glieder in gar unsanfte Berührung mit dem Speer. Mit den Hunden empfängt sie schweigend und in ehrerbietiger Entfernung fißend die Ueberbleibsel des Mahles, zu dem sie selbst vielleicht den größten Teil gesammelt. Der Frau liegen alle häuslichen Verrichtungen ob, ihr werden beim Wandern alle Hab= seligkeiten samt den Kindern aufgeladen. Wird sie alt und nuklos, so stirbt fie vernachlässigt, vielleicht des Hungertodes, wenn sie nicht mitleidig der Keulenschlag eines Verwandten aus ihrem Elende erlöst. Und auch dann noch seht fich die Mißachtung fort. Vielleicht wirft man den Leichnam in einen hohlen Baum, vielleicht auch schleppt man ihn ins nächste Gebüsch, eine Beute für wilde Hunde und Raubvögel.

Die Ehen selbst scheinen ziemlich locker und willkürlich; bei den Schwarzen Neuenglands wählt der Mann sich eine Lubra auf unbestimmte Zeit, und während dieser Frist des Zusammenlebens sorgt er, wie Dr. Duboc mitteilt, mit einer gewissen Anhänglichkeit für fie. Von den Melangool Schwarzen rühmt Frau Bingmann, die Frau stehe fast auf gleichem Fuße mit dem Manne und werde in der Regel gut behandelt. Jedenfalls wären dies seltene Ausnahmen, denn die weitaus überwiegende Mehrheit der vorhandenen Quellen spricht sich unzweideutig dahin aus, der Fortgang des Familienlebens sei nichts als eine einzige Kette von Grausamkeiten gegen die armen Geschöpfe von Weibern, welche nur die Sklaven und die Lasttiere ihrer Männer sind. Eines der größten Motive zu dieser rohen Behandlungsweise ist Eifersucht, welche die Australier vieler Stämme in außerordentlichem Grade zu plagen scheint. Die Gin gehört ausschließlich ihrem Gatten, es ist dies einer der wenigen Punkte, wo der sonst unbegrenzte Kommunismus aufhört. Untreue des Weibes wird mit dem Tode gebüßt, und auch am Ehebrecher blutige Rache geübt. Nicht alle Australier denken aber gleich streng über diesen Ehrenpunkt; vielmehr hat John Eyre uns überzeugt, daß die Australier, mit welchen er bekannt geworden, auf die eheliche Treue ihrer Frauen keinen Wert legten. Durfte dies noch Beschel (Völkerkunde, S. 238), weil Eyres Mitteilungen sich auf Stämme am Murray beziehen, die mit europäischen Ansiedlern schon vielfach verkehrten,

für eine von letteren bewirkte Sittenverderbnis erklären, so ist diese Auslegung unstatthaft für die im Innern Südaustraliens, am Peake-Fluffe und Umgebung hausenden Stämme, von welchen Dr. Schomburgk in Adelaide erst kürzlich sehr schnöde Sitten ge meldet hat. (Verhandl. d. Berl. Gesellsch. f. Anthrop. 1879, S. 236.) Wir schöpfen daraus die bedeutsame Lehre, daß sociale Uebel, die wir bei uns vergeblich bekämpfen, keineswegs die Produkte unserer verfeinerten Civilisation, sondern schon auf den untersten Stufen des Kulturlebens anzutreffen sind. Natürlich kann unter solchen Umständen, troh der harten Strafen, eheliche Treue nicht wohl zu den Tugenden der australischen Frauen zählen. Von Mädchen und Witwen wird Keuschheit nicht verlangt und der sehr gewissenhafte Topinard gesteht, daß die Ideen der Australier über diese Tugend gleich Null find. (Rev. d'Anthrop. 1872, S. 315.) Desgleichen nennt M'Combie den Verkehr der Geschlechter fast Promiscuität. (Arabin, S. 254.) Der totale Mangel, d. H. die naive Abwesenheit alles Schamgefühls, führt in seinen Konsequenzen zu Vorkommnissen so drastischer Art, daß der europäische Beobachter manchmal seinen eigenen Augen kaum trauen zu dürfen glaubt, doch scheint es geraten trop des bekannten Sakes naturalia non sunt turpia hierauf nicht näher einzugehen. Als merkwürdig und an den tierischen Zustand des Australiers mahnend, hebt Friedrich Müller hervor, daß die Verheiratung meistens während der wärmeren Jahreszeit, wo die von der Natur gebotene Nahrung in reichlicher Fülle vorhanden ist, zu geschehen pflegt.

Die Ehen find sehr wenig fruchtbar; viele Frauen haben keine Kinder, und selten ziehen sie mehr als zwei auf; werden Zwillinge geboren, so wird ge= wöhnlich eines davon getötet, weil die Mutter nicht im stande ist, beide zu ernähren. Auch alle schwachen oder gebrechlichen Kinder und eine große Anzahl von Mädchen, das dritte Mädchen ganz gewiß, oft schon das zweite, werden gleich nach der Geburt umgebracht. Am Murray ward Hrn. Oberländer die Lubra des Nullaboid gezeigt, die zehn oder elf ihrer Kinder getötet hatte. (Globus, Bd. IV, S. 279). Die Frauen erwarten ihre Niederkunft an einem vom Lager abgesonderten Plate im Busch, wohin ihnen kein Mann, nur Frauen folgen dürfen; dennoch ist es Georg Thomas Lloyd gelungen, die dortigen Vorgänge zu belauschen und hat er das Gebahren der Hilfsfrauen, sowie die Behandlung des Neugebornen gewissenhaft beschrieben. (Thirty-three years in Tasmania and Victoria. London 1847. 8°. S. 464-465.) Bei solcher Isolirung scheint es also so ziemlich vom Willen der Mutter abzuhängen, ob das „Picaninny“ (Kind) erhalten werden soll. Ist diese alt oder sehr träge, so schafft sie es gleich beiseite. Die Australierinnen betrachten diesen Akt mit der vollkommensten Gleichgiltigkeit, halten ihn aber vor Weißen, so viel sie können, geheim. Gegen die Kinder, die sie leben lassen, zeigen sie bedeutende Zärtlichkeit und versorgen sie, tragen sie bis ungefähr ins dritte Jahr, nämlich bis sie gehen und laufen können, auf dem Rücken und stillen sie auch etwa ebenso lang, an welchem Genuß die jungen Hunde der Familie gewöhnlich teilnehmen. Diese Zärtlichkeit der Mutter erstreckt sich jedoch meist bloß auf diese erste Jugendzeit, später hört jeder familien= artige Zusammenhang auf. Ist dies auch eingeschränkt durch den fortdauernden Stammeszusammenhang, der doch auch wieder eine nur größere Familie repräsentiert, so geht es doch bei einigen Stämmen so weit, daß Eltern und Kinder ihr gegenseitiges Verhältnis später entschieden vergessen und in dieser Beziehung das Ganze sich also nicht über den Standpunkt der Tierwelt erhebt.

Bei der Geburt eines männlichen Kindes eines Vornehmen wird ein großer Kriegstanz abgehalten, das Kind selbst mit Emuöl oder Fett eingerieben, und dann mit rotem Ocker überstrichen; das Kind eines Untergeordneteren da=

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gegen wird mit Holzkohlenstaub geschwärzt. Können sie einmal laufen, so werden die Knaben in der Handhabung der Waffen unterrichtet, auf Jagden mitgenommen und mit allem bekannt gemacht, was zu ihrem weiteren Fortkommen dienlich ist. Im Alter von acht bis neun Jahren müssen sie im stande sein, sich selbst zu helfen und werden daher von diesem Zeitraume an sich selbst über= laffen. In Viktoria heißen die Knaben um diese Zeit „Wankum“ und müssen sich der Operation des Ausschlagens der Vorderzähne unterwerfen; mehrere Speisearten sind ihnen auf dieser Lebensstufe verboten. Ungefähr im sechzehn= ten Jahre werden die Jünglinge zu „Dschibbon" gemacht, bei welcher Gelegen= heit vielfache Ceremonien stattfinden, man marschiert in Figuren, jauchzt und schlägt den Boden mit Aesten. Der Dschibbon darf bis zum 20. oder 24. Jahre gewiffe Speisen nicht genießen; erst dann ist ihm gestattet, jede Speise ohne Unterschied zu effen. (Ausland 1860, S. 63.) Die Abweichungen in den Berichten deuten darauf hin, daß es kein festgesettes Alter für diese einzelnen Atte gibt, wahrscheinlich sind dieselben auch lokal verschieden. Ueberall aber in Australien ist die Periode der Mannbarwerdung, welcher im Norden und Süden des Kontinents, nicht aber im Westen oder am Murray, die etwa im 14. Jahre mit einem scharfen Flintsteine vorgenommene Circumcifion (Verhandl. der Berl. Gesellsch. für Anthrop. 1879, S. 235) vorausgegangen, mit besonderer Feierlichkeit umgeben. In dieser Zeit dürfen die jungen Schwarzen sich nicht den Weibern nähern. Man sieht sie dann die weitesten wunderbarsten Umwege mit argwöhnischen Blicken machen, als fürchteten sie eine Bezauberung. Die Feierlichkeit wird im tiefsten Geheimnis vor den Weißen begangen; um dieselbe Zeit beginnen auch die Einriffe in die Haut, und gewöhnlich findet erst jezt das Ausschlagen der Vorderzähne statt. Von der Mannbarkeits-Ceremonie bei den Parnkalla- und Nauostämmen um Port Lincoln und westlich vom Spencergolf hat Angas eine eingehende Schilderung gegeben. (Savage Life and Scenes in Australia and New Zealand, Bd. I, S. 113-116.) Bei den Stämmen am Murrumbidgee kann der zur Manneswürde zu Erhebende sich von dieser Mutsprobe nur durch einen schimpflichen Akt loskaufen, der nicht gut näher zu be= zeichnen ist, und man kann daher einen Schwarzen nicht schlimmer reizen, als wenn man ihn auf Grund seines unversehrten Gebisses an diese andere Alternative erinnert. So gekennzeichnet aber darf der junge Australier um ein Weib freien; er zieht es indessen gewöhnlich vor, noch mehrere Jahre ledig zu bleiben. Häßlich rohen Mißhandlungen unterwerfen die Schwarzen am Peake River auch ihre mannbar werdenden Mädchen. (Verhandl. d. Berl. Gesellschaft f. Ethnol. 1879, S. 235-236.)

Erkrankungen und Todesfälle, besonders bei jungen kräftigen Individuen, werden den Zauberkünften der Feinde zugeschrieben. Tritt daher ein Todesfall ein, so ist es Aufgabe der Anverwandten, den Mörder durch Beobachtungen ge= wisser Zufälligkeiten, z. B. des Fluges eines Insektes aufzuspüren und zu töten. Dadurch werden oft Familien in langjährigen Streit verwickelt, welcher erst mit deren gänzlicher Ausrottung endet. Wenn sie aber hören, daß jemand von ihren Stammesgenossen krant ist, zeigen die Australier große Teilnahme, be=

suchen den Kranken, bringen ihm kleine Geschenke und bei eintretendem Todesfalle ist die Trauer allgemein.

Die Toten werden in dunklen Hainen, meist in der Nähe des Wassers bestattet. Man gräbt zu diesem Zwecke ein Loch von etwa 12 m Tiefe, bekleidet es mit Rindenstücken und sezt die Leiche in hockender Stellung hinein. Dieses Grab wird dann mit Gesträuch und Erde zugedeckt, um die Leiche vor Verstümmelungen durch den Dingo zu bewahren. In einigen Gegenden ist es Sitte, den Toten auf ein über dem Erdboden erhabenes hölzernes Gerüst zu legen und mit Gebüsch zu bedecken. Meistens befinden sich mehrere Gräber auf demselben Plaze, umgeben von einem Zaune aus Rinde, welche mittels eines Strickes aus Eucalyptusfasern untereinander verbunden sind. An andern Orten werden die Toten, besonders ältere Leute, verbrannt. Einer Frau, wenn sie während des Säugens ihres Kindes stirbt, wird dieses lebendig auf den Arm gelegt und mit ihr bestattet. Man errichtet bei dieser Gelegenheit einen meterhohen Scheiterhaufen und legt den Toten mit gegen die Sonne gerichtetem Antlig, umgeben von seinen Lieblingsgerätschaften darauf. Nachdem man den Leichnam verbrannt, werden die Neberreste gesammelt und in einem Sacke aufbewahrt. Der Name des Toten darf nach Oberländers Versicherung nicht ausgesprochen werden, und sollte jemand den gleichen Namen tragen, so muß er denselben gegen einen andern vertauschen. (Müller, Allg. Ethnographie, S. 215.)

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Ein seltsamer Gebrauch herrscht bei den Stämmen in Queensland; diese ziehen den Toten die Haut ab und bewahren sie gewissermaßen als Talisman. Herr Mac Donald hat die ganze Prozedur mitangesehen und beschrieben. Die Haut wird in kleinen Fehen mit den Nägeln von der über einem Feuer erwärmten Leiche abgeschält, leztere aber dann skelettiert, d. h. das Fleisch von den Knochen abgefragt, ganz wie Dr. Hostmann für die Vorkommnisse in manchen Gräbern aus der vormetallischen Zeit Germaniens annimmt. Die Haut wird von den Angehörigen, sorgfältig verpackt, etwa ein Jahr lang mit herum geschleppt, dann aber begraben oder in einem hohlen Baume aufgehängt. (Globus, Bd. XXIII., S. 153-155.)

Vergebens sucht man, bei den westlichen Stämmen wenigstens, daß irgend etwas vorkomme, was man mit starker Dehnung des Begriffes noch einen Priesterstand nennen könnte. In Neusüdwales und in Queensland, also in den bevorzugtesten Kulturstreifen Australiens, begegnen wir dagegen den „Koradschi“, „Karradais" oder Leuten, welche den Pöbelschauder vor dem Finstern so weit abgestreift haben, daß sie auf den Gräbern Verstorbener eine Nacht ausharren und ihre Meisterschaft über die Schreckgeburten einer geängstigten Einbildungskraft bewiesen haben, wozu sie sich eigentümlich gearteter Holzlamellen bedienen, mit welchen sie ein schrilles Geräusch hervorrufen. Diese Leute sind es auch, welche den Kranken durch ihre Schamanenkunststücke Trost und neue Zuversicht einzuflößen vermögen und dabei rohe Linderungsmittel, unter andern das Ader=

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