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Vermutungen waren nur so schwach zu begründen, daß sie, leicht widerlegt, nie zu ernster Geltung gelangt sind. Die Möglichkeit übrigens, daß aus der alten Welt Seefahrer bis nach Amerika verschlagen werden konnten, darf nicht be= ftritten werden, weil wir wenigstens einen Fall dieser Art wirklich kennen. Nur ein selbstgefälliger Wahn ist es aber, daß irgend ein Einzelner oder Einzelne die Kultur ihrer Heimat als Fracht im Hohlraume eines Fahrzeuges nach fernen. Welten führen können. Wenn wir Europäer uns mit dem Australier vergleichen, so dünken wir uns Halbgötter neben Halbtieren. Ein jeder von uns träumt wohl gern, daß er, unter einen Stamm solcher Wilden geworfen, diesem einen Anteil am Segen unserer Gesittung zubringen werde, daß ihn die Beglückten dermaleinst als ihren Wohlthäter und Erlöser verehren, ja daß das Auftreten des „bärtigen Mannes" als religiöse Sage unter ihnen fortleben und von seiner zweiten Rückkehr der Anbruch eines neuen beglückenden Weltalters erwartet werden möchte, wie die Azteken von dem Wiedererscheinen Quezalcoatls eine Verjüngung und Verklärung ihrer Zustände sich verhießen. Was aber in einem solchen Falle sich wirklich zuträgt, das lehren uns mit Genauigkeit die Schick= jale James Morills, eines verunglückten Matrosen, der 17 Jahre unter austra= lischen Stämmen lebte. Nach Ablauf dieser 17 Jahre führten die Eingebornen genau das nämliche Leben wie vorher, Morill aber aß wie sie Muscheln, schlief wie sie unter einer lockern Laubhütte, hatte die Kleidung abgeworfen, fast gänz= lich seine Muttersprache vergessen, und er, der Halbgott, war zum Australier herabgesunken." (Peschel, Völkerkunde, S. 440-441.) So sieht man denn wohl, daß es Verschwendung der Denkkraft ist, als Urheber oder Förderer der ameri= kanischen Gesittungen nach verirrten Abenteurern aus der alten Welt zu suchen, wenn man nicht nachzuweisen vermag, daß langdauernde Kulturberührungen und Auswanderung in großen Massen stattgefunden habe. Vielmehr muß man wohl mit Alexander von Humboldt in den Amerikanern die Abkömmlinge einer Raffe erkennen, welche schon frühzeitig von dem übrigen Menschengeschlechte ab= getrennt, im Laufe der Jahrhunderte einen eigentümlichen Weg in der Entwicklung ihrer geistigen Kräfte, sowie in ihrem Streben nach Civilisation einge= schlagen hat. (Vues des Cordillères et monumens des peuples indigènes de l'Amérique. Paris 1816. 8°. Bd. I, S. 240.)

Die Kulturerscheinungen Amerikas sind also unabhängig aus eigener Kraft entsprossen, ja, was noch viel schwerer wiegt, die Gesittungen des nördlichen und des südlichen Festlandes haben sich völlig ohne gegenseitige Berührung und Befruchtung entwickelt, denn die Mexikaner wußten eben so wenig etwas vom Reiche der Inka, als die Peruaner von den Herrlichkeiten Tenochtitlans oder Palenques. Es liegt nicht in dem Plane dieses vornehmlich dem Menschen der Gegenwart gewidmeten Buches, das Vergangene oder gar entschwundene Völker in den Kreis seiner Darstellung zu ziehen. Bloß so viel als zum allgemeinen. Verständnisse nötig ist, mag davon berührt werden. Von Norden gegen Süden schreitend, begegnen wir den ersten Spuren amerikanischen Völkerlebens der Vorzeit im Thalgebiete des Mississippi und seiner gewaltigen Zuflüsse, wo aus rätselhaften Erdwerken, den sogenannten „Mounds", zahlreiche Reste einer ziemlich

Hellwald, Naturgeschichte. I.

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ansehnlichen materiellen Gesittung zum Vorscheine kamen. Wer die Urheber dieser Bauten, - Moundbuilders nennen sie die Gelehrten gewesen, ist unbekannt. Wenn gegenwärtig in Amerika die Meinung besteht, daß diese Moundbuilders die unmittelbaren Vorfahren der jezigen Indianerstämme ge= wesen, so ist dies allerdings möglich, aber durchschlagende Beweise für eine solche Annahme fehlen. (Allgemeineres darüber siehe bei John D. Baldwin, Ancient America, or notes on american archaeology. Newyork 1872. 8°. S. 13-75; vgl. auch Bär und Hellwald, Der vorgeschichtliche Mensch. Leipzig 1874. 8°. . 459-471, dann Hubert Howe Bancroft, The native races of the pacific states of North America. Leipzig 1875. 8°. Bd. IV, S. 744—790.) Sehr bemerkenswert sind dagegen die übereinstimmenden Charaktere der Eskimound Moundbuilderschädel, die nach Dr. Bessels, welcher über ein umfangreiches Material verfügt, in vielen Fällen unverkennbar find. (Archiv für Anthrop.,

Bd. VIII, S. 121.)

„Unter allen nördlichen Kulturvölkern," sagt Peschel, dem ich hier wörtlich folge, leuchten die Tolteken voran. Ihre Sprache war das „Nahuatl“, dieselbe Sprache, welche die Azteken am Hofe des Kaisers Montezuma II. sprachen. Unvermischt trat das Nahuatl nur in und um das Seengebiet des Hochlandes von Meriko auf. Wie aber die aztekischen Ortsnamen bezeugen, waren nahuatlatische Sprachinseln außerordentlich weit ausgestreut. Sie ziehen sich in der Nähe der Südsee durch Guatemala, fie treten auf zugleich mit alten Tempelruinen mexikanischen Stiles in Honduras und reichen südwärts bis an und in den Nicaragua-See. Sie hören dagegen gänzlich auf in Costarica. Nach Norden zu sind sie verbreitet über die heutige mexikanische Republik, jedoch mit Aus= nahme von Coahuila. Sie treten aber wieder auf in Teras und endigen in Neukalifornien unter dem 37° n. Br., abgesehen davon, daß versprengte Namen selbst noch unter den 50. Parallel sich verirrt haben. Sogleich wollen wir hier bemerken, daß weit binnenwärts unter 35° n. Br. beim heutigen Zuñi in NeuMeriko, Cibola und weiter nördlich Tucayan oder „das Land der sieben Gemeinden" gesucht werden muß, das von einem Mönche Fra Marco aus Nizza entdeckt, kurz nachher im Jahr 1540 von dem Spanier Francisco Vasquez de Coronado besucht und beschrieben worden ist. Er fand dort kleine Ortschaften mit steinernen Häusern, zwei oder drei Stockwerke hoch, festungsartig ohne Eingang erbaut, deren Söller auf beweglichen hölzernen Sproffenleitern erstiegen werden mußten. Die Einwohner bauten Mais und Bohnen, züchteten Trut= hühner, fleideten sich in Zeuge, deren Fäden aus einer andern Pflanzenfaser als Baumwolle gesponnen waren, und trugen eine Kopfbedeckung genau wie die Azteken in Meriko (s. Colorados Bericht, bei Ramusio III, S. 302). Die nämliche Bauart hat sich noch heute bei den sogenannten Pueblosindianern erhalten, und ist zuletzt von Möllhausen (Reise nach der Südsee, S. 215 ff.) beschrieben und abgebildet worden. Die Sprache der Pueblosindianer steht jedoch in keinem näheren oder entfernteren Zusammenhang mit dem Nahuatl. Aehnlich wie diese Gebäude waren wohl die südwärts gelegenen sogenannten Casas grandes in der Nähe des Gila und in Chihuahua, über deren Bewohner

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